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Erstellt von Admin am Samstag, November 18, 2006 @ 14:51:51:

Das Schenkprinzip

Es gibt ein grundlegendes Prinzip in unserem Leben, das nicht wahrgenommen und erkannt wird. Gleichzeitig findet es sich in allen Lebensbereichen. Es mag in der Zeit der Raumfahrt, der Computerisierung und der Gentechnologie seltsam erscheinen, dass etwas von solcher Wichtigkeit ignoriert bleibt, doch wir mögen uns an das Bild des „Elefanten im Wohnzimmer“ erinnern, von dem bei den Anonymen Alkoholikern gesprochen wird. Menschen, die Alkoholprobleme verleugnen wollen, sprechen einfach nicht von ihnen. Um die Dinge so zu lassen, wie sie sind, richten sie ihre Aufmerksamkeit auf anderes.
Ich glaube, dass das obengennante Prinzip als entscheidender Aspekt unseres Lebens verleugnet und ignoriert wird. Dieser Aspekt steht – im Gegensatz zum Alkoholismus – für eine gesunde, natürliche Seinsweise; eine Seinsweise, von der wir uns abgewendet haben, um den patriarchalen Status quo als falsche Wirklichkeit aufrechtzuerhalten. Ich nenne diesen verborgenen Aspekt unseres Lebens das Schenkprinzip. Es handelt sich um eine Weise, Wirklichkeit zu schaffen und zu interpretieren, die der Mütterlichkeit entspringt; es ist ein Weise, die auf der Erfahrung von Frauen beruht – zumindest solange es die Frauen sind, die den grössten Teil der Mütterlichkeit erfüllen.
Das Schenkprinzip betont die Wichtigkeit, zu schenken, um Bedürfnisse zu befriedigen. Es ist bedürfnisorientiert, nicht profitorientiert. Ein freies Beschenken der Bedürfnisse – was in der Mütterlichkeit Pflege oder Fürsorge genannt wird – wird in unserer Gesellschaft oft übersehen, nicht registriert oder als irrelevant abgetan, weil es auf Qualität anstelle von Quantität beruht. Was das Beschenken der Bedürfnisse jedoch schafft, sind starke Bindungen zwischen denen, die schenken, und denen, die beschenkt werden. Die Bedürfnisse Anderer zu erkennen, und zu versuchen, sie zu befriedigen, versichert den Schenkenden die Existenz der Anderen, während den Beschenkten in ihrer Erfahrung, etwas zu erhalten, das ein Bedürfnis befriedigt, dasselbe widerfährt.



Erstellt von Admin am Samstag, November 18, 2006 @ 14:53:12:

Der Tausch

Der Tausch ist selbstbezogen. Er erfordert ein Denken in Äquivalenzen. Der Wert, der den Anderen im Akt des Schenkens hätte versichert werden können, verliert sich in der Erwartung einer reziproken Bedürfnisbefriedigung. Im Tausch ist die Befriedigung der Bedürfnisse der Anderen nur ein Mittel zur Befriedigung der eigenen. Folgen alle diesem Prinzip, verändert sich unsere Kommunikation und wir lassen das Entstehen einer Gesellschaft zu, in der isolierte und autonome Egos voneinander getrennt existieren. Eine solche Existenzweise hat mit wirklicher Kommunalität nichts zu tun.
In ihrer Isolation beginnen die Egos, ihre Bedürfnisse nach Fürsorge und Verbundenheit künstlich zu befriedigen. Sie wenden sich Herrschaftsformen zu, um sich selbst jenes Gemeinschaftssinns und jener Identität zu versichern, die ihnen fehlen. Sie zwingen dabei andere, für sie zu sorgen, und wenden alle erdenklichen Methoden an – von persönlicher Gewalt bis zur Manipulation abstrakter Systeme – um diese Versorgung bzw. die Befriedigung ihrer Bedürfnisse sicherzustellen, da sie nicht länger imstande sind, diese Befriedigung im Rahmen kollektiv-partizipatorischer Schenkprozesse zu erfahren.
Wir müssen unsere Gesellschaft als eine betrachten, die beinahe jeder freien Geschenke und der Verbindungen, die diese schaffen, beraubt ist. Unser Mitgefühl ist blockiert, und es sieht fast so aus, als könnten wir nur überleben, wenn wir die Prinzipien des Schenkens und Beschenkt-Werdens ignorieren. Aber das Nicht-Schenken tötet jene, die schenken könnten, genauso wie das Nicht-Beschenkt-Werden jene tötet, deren materielle Bedürfnisse unbefriedigt bleiben. Um diese absurde Situation aufrechtzuerhalten, werden Gesetze erlassen und ein Polizei- und Militärapparat wird bezahlt, um diese zu schützen.
Unsummen werden für die Aufrechterhaltung des Rechtssystems, der Regierung, der Polizei und des Militärs ausgegeben, und es wird eine Gefühlsarmut geschaffen, die das Schenken praktisch verunmöglicht. Die Konsequenz ist, dass der Tausch zum notwendigen Überlebensmechanismus wird. Abstrakte Rechtssysteme und hierarchische Organisationen wie Regierung und Militär haben die Aufgabe, der Mehrheit die ihrer Bedürfnisbefriedigung dienenden Geschenke vorzuenthalten, um sie als Waren für die Bedürfnisse einer elitären Gruppe von Tauschhändlern (exchangers) nutzbar zu machen, deren Egos auf eine Weise sozialisiert wurden, die den Hunger nach „mehr“ unersättlich werden ließ.


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