abgeschickt Dienstag, August 1, 2006 @ 17:28:23
von Franz Josef Gaugg
(ins Forum gestellt von admin)
Wir, das sind Brigitte, ich und unsere Töchter Paula und Lotte, sind im Juli dieses Jahres von Scheibbs nach Traismauer umgezogen. Eben erst hatten wir uns in Scheibbs wirklich gut eingelebt, nachdem wir vor zwei Jahren von Graz hierher gezogen waren. Wir hatten uns als „Zuagroaste“ einen guten Bekannten- und Freundeskreis aufgebaut. Mit unseren Nachbarn unterhielten wir sehr gute Kontakte. Unsere liebste Nachbarin Joana entwickelte sich zur Ersatzmutter von Paula. Ein tragfähiges Beziehungsnetz von Freunden und Bekannten schien sich hier sehr gut zu entwickeln. Bei unserem Abschiedfest bemerkten wir, dass nicht nur uns der Abschied schmerzte. Auch unseren Freunden ging unser Weggehen sichtlich Nahe.
Wir sind oft gefragt worden warum wir den weggehen würden. Und wir haben uns auch öfters die Frage gestellt. - Ja, wir wollen die Kinder in die Lernwerkstatt nach Pottenbrunn geben und zuvor in die Spielwerkstatt ebendort oder in den Waldkindergarten nach Egelsee. Und wir sind auf der Suche nach einem geeigneten Wohnort auf das Wohnprojekt im Rahmen des 7 Generationen Netzwerks gestoßen. Und auch will ich meinen Beruf wieder als Berufung begreifen, wie zu Zeiten des Studiums.- Ja.- Das sind alles Gründe die wir uns und den anderen genannt haben, um zu begreifen was wir da tun. Vielen erscheint es kompliziert und nicht nachvollziehbar, was wir hier in Kauf nehmen für die Schule unserer Kinder. Und auch uns selbst erscheint es mitunter furchtbar kompliziert und aufreibend wieder vieles aufzugeben, abzubrechen und anderswo wieder von Vorne zu beginnen. Wofür also tun wir es wirklich, zumal uns die Vorteile der geographischen Nähe von Großeltern und Verwandten bei unseren Besuchen in Kärnten und der Steiermark immer wieder dorthin zu locken trachten, ins Vertraute.
Wir begreifen erst langsam, dass sich hier eine stille Sehnsucht Stimme verschafft - die Sehnsucht nach Geborgenheit in einer Gemeinschaft.
Wie sich eine Gemeinschaft anfühlen könnte, in der wir uns geborgen fühlen – sei es nun in wirtschaftlicher, sozialer oder seelischer Hinsicht – basiert, durften wir bei den WUG*- Treffen und insbesondere beim diesjährigen Open Space Symposion miterleben. Hier wird jeder Einzelne, sei es Kind, Jugendlicher, jüngerer oder älterer Erwachsener, von der Gemeinschaft getragen indem ihr/m Zeit und Raum zur Verfügung gestellt wird auszusprechen und zu tun, was jeder/m in diesem Moment wichtig erscheint. Die respektvolle Begegnung vollzieht sich im Ernstnehmen der persönlichen, individuellen Sichtweise. Diese Art des Umgangs miteinander haben wir als Geschenk erfahren: angenommen zu werden wie frau/man sich in diesem Moment fühlt.
Aufgrund dieser Erfahrungen wächst unser Vertrauen auf die Verwirklichung eines Lebens in Achtung und Respekt vor dem Mitmenschen und der Umwelt zusehends. Wir fühlen unsere jeweils persönliche Verantwortung an diesem Lebensraum jetzt mitzuarbeiten, weil wir wissen, dass die Wirklichkeit nur in diesem Moment geschehen kann.
Franz Josef
* Wechselseitige Unterstützungsgemeinschaft