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Politik mit der Kraft der Wahrheit Druckbare Version anzeigen
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abgeschickt Dienstag, April 29, 2008 @ 12:10:37  

Liebe LeserInnen des 7 G Netzwerk - Newsletter,

am kommenden 30. Jänner 2008 ist es 60 Jahre her, dass Mahathma Gandhi ermordet wurde. Wolfgang Sternstein hat mich dazu geführt, mich wieder näher mit Gandhi zu befassen, von dessen Erfahrungen er ja ganz stark schöpft.

Gandhi lenkte all seine Energie darauf, (politische) Kraft in Form von Satyagraha - Wahrheitskraft, wie er es nannte, zu entwickeln. Wahrheit ist für ihn etwas ganz anderes als die "exklusive Wahrheit" von fundamentalistischen Gruppen und Bewegungen sondern Wahr-sein heißt für ihn vielmehr, seinem innersten Wesen zu entsprechen, was letztlich immer göttlich oder spirituell ist, wie immer das jemand für sich formuliert, und das ein Prozess der Annäherung ist, der nie zu Ende ist.

Seine Suche nach Wahrheit ist das gleiche wie die Suche nach Gott. Und dabei trennt er nicht das Herz, die Seele jeden Menschens von der Gesellschaft und ihren Institutionen und die Gesellschaft nicht vom Herzen jeden Menschens.

Sein Ansatz von Politik ist so ganz anders, als uns üblicherweise geläufig ist (Ich versuche hier in einigen Punkten, dies zu beschreiben, wie ich es im Moment verstehe):

1. Er läßt jede Form von Machtpolitik los, das heißt, er achtet bei seinen politischen Aktionen penibel darauf, dass andere weder an ihrem Körper, an ihrer Ehre, noch an ihrem Besitz, verletzt oder bedroht oder verunsichert werden. Sein einziges Ziel ist, im eigenen wie im Herz seiner Gegner, einen Prozess der Konfrontation mit der Wahr-heit zu nähren und zu stärken. Der äußere Erfolg ist nicht das was zählt, sondern der Fortschritt in Wahr-heit bei allen Beteiligten und Betroffenen und der ganzen Gesellschaft.

2. Sein politisches Mittel ist ein spezieller Anarchismus: Die fortschreitende Entwicklung einer Kraft und Fähigkeit zu einem autonomen Leben, das sich keiner Herrschaft unterwirft. Auch durch Entzug von Gut, Freiheit, Gesundheit, und duch Androhung des Todes läßt so eine oder ein Satyagrahi sich nicht einschüchtern, nimmt zugefügtes Leid bereitwillig auf sich und läßt sich auch nicht zu Hass und Angst hinreissen. Dies ist im Kern auch die christliche Lehre in der Bergpredigt, die Gandhi auch kannte und schätzte. Er war politisch auch sehr realistisch und wußte wohl, dass die Menschen verschieden weit eine solche Kraft und Fähigkeit, Leiden auf sich zu nehmen, entwickeln. Er versuchte Aktionen zu gestalten, in denen die Menschen sich mit ihrem unterschiedlichen Stand einbringen konnten. Und er hat die Fähigkeit, sehr weit zu gehen für viele Menschen für möglich gehalten. Dieser "liebende Anarchismus" ist sein eigentliches Geheimnis, das die Spirale von Gewalt letztlich auflöst.

3. Seine politische Organisation war im Grund ein Netzwerk von Gemeinschaften (Ashrams) und sehr unterschiedlichen FördererInnen, UnterstützerInnen und TeilhaberInnen am Satyagraha. Er lenkte seine ganze Energie darauf, sich selbst und andere Menschen als Satyagrahis – WahrheitskraftkämpferInnen auszubilden und zu trainieren. Kern dieses "Trainings" war im Grund nichts anderes als seine oder ihre Satyagraha auch auf das tägliche Leben anzuwenden, eine einfache Lebensweise zu entwickeln und den Sinn seines Lebens in diesem "größeren Ganzen" zu finden und nichtsosehr in dem, "was es aus dem Leben herauszuholen gilt" . Bekanntlich haben einige tausend solcher Satyagrahis beim indischen Freiheitskampf eine sehr entscheidende Rolle gespielt.

Wolfgang Sternstein, unermüdlicher Mahner gegen den Wahnsinn der atomaren Waffen, hat sich als ein solcher Wahrheitskraftkämpfer in Deutschland vor allem in den 70er und 80er Jahren versucht und im Vergleich zu der kleinen Zahl der Handvoll mit ihm Aktiven und ihrer unglaublich bescheidenen Mittel überproportionale politische Wirkungen erzielt, wie er in seiner Autobiographie beschreibt.

Da die Aktionen solcher „WahrheitskraftkämpferInnen“ nicht im stillen Kämmerlein sondern in der bewussten Öffentlichkeit stattfinden, wirken sie auch stark auf die öffentliche Meinung ein und berühren die einzelnen Menschen auch persönlich.

Und wir sind dabei auch herausgefordert, unsere Vorstellungen von Erfolg und von Scheitern zu überdenken. Nur, wenn wir ein Geschehen sehr zeitlich und örtlich reduziert und mechanistisch betrachten, können wir gewaltsame Handlungen als erfolgreich sehen.

Verlassen wir diese Enge, schaut es gleich anders aus: Vielleicht haben wir für die nächste Generation oder erst die übernächste einen wichtigen Stein ins Rollen gebracht? Sehen wir unser Wirken in einem größeren Zusammenhang, fällt es uns vielleicht auch leichter, entspannter und vielleicht manchmal auch fröhlicher an die Dinge heranzugehen.

Und wir wissen nie wirklich genau, welche Menschen alle unsere „Wahrheitskraft“ erreicht und ermutigt hat. Wenn man sieht, was Menschen unter ungleich schwierigeren Bedingungen an „Wahrheitskraft“ entfalten (siehe dazu die Linkliste weiter unten im Newsletter), können wir uns von ihnen ermutigen lassen, an unserem Platz das unsere tun (Siehe dazu die Dankesrede der Vertreter der Friedensgemeinde von San Jose de Apartadó, Kolumbien für die Verleihung des Aachener Friedenspreises ( http://www.aachener-friedenspreis.de/preistraeger/2007/RedeSanJose.pdf )

Das Seminar „Menschenrecht auf Ungehorsam“, das wir mit Wolfgang Sternstein von 4. – 6. Jänner 2008 veranstalten, (Info auf www.7generationen.at) soll beitragen, hier bei uns diese von Gandhi so genannte Wahrheitskraft zu entfalten. Zur Erinnerung, wer immer gerne teilnehmen möchte, sollte kommen, unabhängig davon, ob sie oder er den von uns angegebenen Seminarbeitrag aufbringen kann. Das Geld soll auf keinen Fall ein Hindernis sein. Auch kleinere Beiträge sind uns willkommen.

Bei dieser Gelegenheit ein Dank an alle Menschen für ihre Wahrheitskraft. Wer weiß, wo wir wären, hätten sie sie nicht in die Welt gebracht.

Ein gutes neues Jahr 2008

wünscht

Markus Distelberger

PS.:Über Gandhi´s Art von Politik gibt es einen sehr guten Artikel aus 2006 in der Zeitschrift der Hessischen Stiftung für Konfliktforschung http://www.hsfk.de/downloads/Standpunkte-4-2006%20(bildschirmoptimiert).pdf

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Wolfgang Sternstein: "Zum Frieden nur mit friedlichen Mitteln" - einige seiner Gedanken ausghend von einem Gandhi-Zitat über die Einheit von Weg und Ziel in seiner Autobiographie

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Ghandis ganze Leidenschaft war darauf gerichtet, dem Weg der Wahrheit, so wie er ihn erkannte zu folgen: "... Ich erhebe keinen Anspruch darauf, irgendein neues Prinzip oder eine neue Lehre gefunden zu haben. Ich habe lediglich in meiner eigenen Art versucht, die ewigen Wahrheiten auf unser tägliches Leben und seine Schwierigkeiten anzuwenden ... Die Meinungen, die ich mir gebildet habe und die Folgerungen, zu denen ich gekommen bin, sind nicht endgültig. Vielleicht verändere ich sie morgen schon. Ich habe die Welt nichts neues zu lehren. Wahrheit und Gewaltfreiheit sind so alt wie die Berge. Alles was ich getan habe, ist, dass ich versuchte, in beiden Experimente auf einer möglichst weiten Basis durchzuführen. Dabei habe ich mich manchmal geirrt, und ich habe von meinen Fehlern gelernt."

Eine dieser Wahrheiten, so alt wie die Berge, ist der Grundsatz der Einheit von Mittel und Zweck: Weg und Ziel, Mittel und Zweck, müssen übereinstimmen, soll der Zweck erfüllt, das Ziel erreicht werden. ....Frieden kann nur durch friedliche, Gerechtigkeit nur durch gerechte und Demokratie nur durch demokratische Mittel erkämpft oder verteidigt werden. ... Freiheit, Demokratie und Menschenrechte können durch Waffengewalt oder deren Androhung niemals verteidigt, sondern nur zerstört werden und das nicht erst im Krieg, sondern bereits im Frieden. Die Vorbereitung auf den Krieg bedroht die Demokratie von innen heraus. Diktaturen beruhen innen- und außenpolitisch auf dem Prinzip der gewaltsamen, Demokratien dagegen auf dem Prinzip der gewaltlosen Konfliktaustragung. Demokratien sind infolgedessen stets in Gefahr, sich an der Gewaltkrankheit anzustecken.

.....Wer Reichtum und Macht erwerben oder als Staat Territorien erobern, Rohstoffquellen sichern und Märkte offenhalten will, der kann das nur durch direkte oder indirekte Gewalt erreichen. Wählt er gewaltlose Mittel, wird er kläglich scheitern. Umgekehrt gilt: Wer Frieden, Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechte erkämpfen oder verteidigen will, kann das nur durch gewaltlose Mittel. Wählt er gewaltsame Methoden, so wird er mit Sicherheit scheitern.
Wir müssen uns folglich Rechenschaft geben über unsere wahren Motive und Ziele. Das ist der erste Schritt zur Überwindung von Hass und Feindschaft, von Gewalt und Unrecht in der Welt.

Erfahrungsbericht von Wolfgang Sternstein:
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/004565.html
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/media/pdf/Sternstein_Engstingen1.pdf

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